Thais und Geld - THAIFRAU GUIDE

Von Günther Ruffert, Thailand

Von ganz besonderer Art ist das Verhältnis der Thais zum Geld. Gemessen an unserem Lebensstandard sind die Thais meist sehr arm, vor allem auf dem Lande. Sobald sie aber etwas Geld in die Finger bekommen, wird dies auch sofort wieder ausgegeben; Sparsamkeit ist keine ausgeprägte Eigenschaft der Thais. Unsere Art, das Geld zusammenzuhalten und möglichst noch zu vermehren, wird von den Thais oft als Geiz verstanden. Geld ist dazu da, sich selbst oder auch anderen Freude zu machen, und zwar möglichst heute. Wer weiß, ob man morgen noch lebt. Was für einen Sinn hat es, sich um das zu sorgen was in 10 oder gar 30 Jahren sein wird oder etwa dafür zu sparen? Vielleicht ist man dann ja bereits tot und wenn nicht, wird sich schon irgend etwas finden, wovon man leben kann.

Mit dem Geld halten es die Thais etwa so wie mit dem Wasser, das ja auch in manchen Gebieten des Landes zeitweise so kostbar wie Geld ist. Am Ende der langen Trockenzeit, wenn das Wasser in manchen Gegenden wirklich knapp ist, wird das Thai-Neujahrsfest Songkhran gefeiert. Dabei wird ausgelassen mit Wasser durch die Gegend gespritzt, ja regelrechte Wasserschlachten werden veranstaltet. All das mit dem Gedanken: jetzt ist das Wasser zwar zu Ende, aber wenn wir den Geistern gezeigt haben, wie freigebig wir mit dem Wasser umgehen, dann werden sie uns bald neues Wasser vom Himmel schicken. Der Unterschied ist leider nur, daß es mit dem Wasser auch in der Regel klappt; am Ende der Trockenzeit wird, ob die Geister nun freundlich gelaunt sind oder nicht, der große Monsumregen kommen. Ob aber die Geister wirklich neues Geld schicken, wenn man das alte Geld ähnlich leichtsinnig ausgegeben hat, das ist eine andere Sache.

Einen guten Einblick in die Denkweise der Thais gibt vielleicht die folgende Geschichte, aus einem Thai-Schullesebuch:

Als der König auf einer seiner Reisen einen Bauern fragte, was er denn mit dem Geld mache, das er mit seiner Arbeit verdiene, antwortete dieser: "Das ist ganz einfach. Das bißchen Geld, was ich mit meiner Arbeit verdiene teile ich in vier Teile. Einen Teil vergrabe ich in der Erde; einen Teil bezahle ich meinen Gläubigern; einen Teil werfe ich in den Fluß, und den letzten Teil gebe ich meinem Feinde"

Als der König sich über diese seltsame Einteilung wunderte, erklärte der Bauer es näher:

  • Der Teil, den ich vergrabe, ist das Geld, das ich für das Kloster und für milde Gaben hergebe; das Geld wird mir im nächsten Leben Früchte tragen.
  • Der Teil, den ich meinen Gläubigern gebe, ist derjenige, den es mich kostet, meine alten Eltern zu erhalten, denen ich das Leben schulde.
  • Der Teil, den ich in den Fluß werfe, ist das Geld, das ich für Kartenspielen, Trinken und leichte Mädchen ausgebe.
  • Der Teil, den ich meinem Feinde gebe, ist das Geld, das meine Frau, die sich jeden Tag mit mir streitet, von mir bekommt

Nun werden sicherlich, je nach Charakter des einzelnen, die jeweiligen Teile unterschiedlich groß sein. Die Geschichte hat aber, wie alle Fabeln, einen wahren Hintergrund. Geld ist nicht zum Sparen, sondern zum Ausgeben da. Dabei muß man nicht nur an die Familie, sondern auch an sein eigenes Vergnügen, die Alten und das nächste Leben denken.

Wenn aber tatsächlich das Geld nicht ausgegeben, sondern gespart wird, dann nicht auf der Bank, sondern in Gold. Auf Vorhaltungen des Weltwährungsfonds, daß die Sparquote in Thailand trotz des wirtschaftlichen Booms extrem gering sei, erwiderte kürzlich der Finanzminister, dies liege ganz einfach daran, daß das Sparverhalten der Thais ganz anders sei als das der Europäer. Mit Ausnahme der sehr reichen Leute bringen Thais, die für die Zukunft vorsorgen wollen, ihr Geld nicht auf die Bank, sondern kaufen dafür Gold, das bei Bedarf wieder schnell zu Geld gemacht werden kann.

Die leichte Art mit Geld umzugehen, vor allem wenn es aus anderer Leute Taschen kommt, trifft man übrigens nicht nur bei den kleinen Leuten an. Die großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten in die Thailand 1997 geriet, waren vor allem darauf zurückzuführen, daß Riesensummen an Auslandsgeld aufgenommen und in Vorhaben investiert wurden, bei denen von vornherein klar sein mußte, daß die erforderliche Rendite niemals zur Amortisation und Verzinsung ausreichen würde. Bangkok besitzt heute 4 große Kongreßzentren und fast die Hälfte des in den letzten Jahren erstellten Büro- und Wohnraums in den wie Pilze aus dem Boden geschossenen Hochhäusern ist unvermietbar. Man hat sich an den Investitionen erfreut, auch ist ein guter Teil der Investitionsgelder in die Taschen einflußreicher Politiker geflossen, aber über die eines Tages mal anstehende Rückzahlung hat man sich wenig Gedanken gemacht.


© 2000, Günther Ruffert

Dieser Beitrag erschien im Original bei www.Thaifrau.org