Glücksspiele - THAIFRAU GUIDE

Von Günther Ruffert, Thailand

Charakteristisch für Thais ist deren Leidenschaft für Glücksspiele. Nach einer Untersuchung des "Thai Farmers Research Center" spielen 70% der Thais mehr oder weniger regelmäßig in der legalen oder in so genannten schwarzen Lotterien. Wer nur irgendwie ein paar Baht in die Finger kriegt, kauft sich bei der zweimal im Monat herauskommenden staatlichen Lotterie möglichst mehrere Lose. Gekauft wird aber nicht irgendein Los, sondern Lose mit bestimmten Endnummern. Die Glücksnummern hat man entweder geträumt oder - noch häufiger - beim Tempelbesuch aus einer mit numerierten Stäbchen gefüllten Trommel geschüttelt. Und da das noch nicht reicht, gibt es überall in der Nachbarschaft, meist im kleinen Laden an der Ecke, schwarze Lotterien, wo man Wetten auf die zwei letzten Zahlen abschließen kann, mit denen das große Los bei der nächsten Ziehung der Staatlichen Lotterie herauskommt. Solche schwarzen Lotterien laufen in Thailand in jedem Dorf. Wenn man auch ganz selten dabei von der Polizei erwischt wird, so noch viel seltener von einem Lotteriegewinn. Wenn am 1. und am 16. jeden Monats im Fernsehen die öffentliche Ziehung der Lotteriezahlen stattfindet, ist es schwer, jemanden zur Arbeit aufs Feld zu bekommen, weil jeder am Fernseher mitfiebern will, ob ihn diesmal das Glück erwischt hat.

Als eine Zeitung berichtete, dass ein junges Mädchen das große Los gewonnen hatte, nachdem sie beim Gott Shiva am Erawan-Schrein gebetet hatte, schwoll an den Tagen vor der monatlichen Ziehung der Besucherstrom an diesem beliebten Schrein gewaltig an. Der Wächter des Schreins musste nun nicht nur einmal täglich, sondern mehrere Male am Tage die Holzelefanten und Blumenkränze abräumen, mit denen der Gott von Leuten überhäuft wurde, die auch mal solch ein Glück in der Lotterie haben wollten.

Spielsalons gibt es massenhaft in den großen Städten, und selbst in der Kleinstadt gibt es genug Adressen, wo man seiner Spielsucht frönen kann, ohne befürchten zu müssen, von der Polizei gestört zu werden. Die weiß natürlich von dem ungesetzlichen Tun, macht aber die Augen zu und lässt sich dafür gut bezahlen. Es ist auch kein Geheimnis in Thailand und wird in der Tagespresse immer wieder an Beispielen aufgezeigt, dass das professionelle Glücksspielgeschäft fest in den Händen der lokalen Ordnungshüter bzw. des Militärs ist. Wenn ab und zu mal ein illegales Spielkasino ausgeräumt wird, dann hat die Bezahlung wohl nicht zur Zufriedenheit der "Paten" geklappt.

Der Umstand, dass Glücksspiele in Thailand verboten sind, wird in den Nachbarländern aber ausgenutzt, um mit diesem Thai-Nationalübel Geld zu verdienen. Wenn man z.B. in Aranyaphratet über die Grenze nach Kambodscha fährt, reiht sich direkt hinter der Grenze ein großes Spielkasino hinter das andere, so dass man meinen könnte, man wäre in Las Vegas.

Auch alle anderen Möglichkeiten, sein Glück zu Geld zu machen, werden reichlich geboten und eifrig genutzt, wie z.B. Hahnenkämpfe und Duelle zwischen extra gezüchteten Kampffischen. Beides ist gesetzlich zwar verboten, nur kümmert sich kein Mensch um das Verbot, und es wird genau wie beim Boxkampf fleißig dabei gewettet. Für Einfallsreiche gibt es auch genug andere Möglichkeiten zu wetten. Als ich einmal an einer Baustelle in Bangkok vorbeiging, sah ich, wie sich die halbe Belegschaft, so um die 20 Mann, am Fuße des Gerüstes zusammendrängte und augenscheinlich sehr mit etwas beschäftigt war, was unter dem Gerüst lag. Als ich neugierig näher ging, um zu sehen, wie viele Männer denn diesmal von dem baufälligen Gerüst gefallen waren, sah ich, dass die ganze Aufmerksamkeit zwei kleinen Käfern galt, die über eine hölzerne Planke krabbelten. Alle hatten darauf gewettet, wer von den beiden als erster das Ende der Bohle erreichen würde.

Sogar bei belebtem Toilettenbetrieb zeigt sich die Lust der Thais am Glücksspiel. Anstatt wie bei uns üblich in einer Reihe zu warten, bis eine Kabine frei wird, um dann nach der Regel "First in - First out" einer nach dem anderen an die Reihe zu kommen, platziert sich jeder Thai vor einer Kabinentür und hofft, dass er jemanden erwischt hat, der schnell mit seinem Geschäft fertig wird. Wenn aber auf dem stillen Örtchen jemand hockt, der die Tageszeitung von der Schlagzeile bis zur letzten Anzeige in Ruhe durchliest, dann hat er eben Pech gehabt.

Wenn auch wegen der Leidenschaft der Thais für Glücksspiele diese zwar gesetzlich verboten sind, so wird das Gesetz aber sinnigerweise bei Todesfällen de facto außer Kraft gesetzt. Ist jemand im Dorf gestorben, so wird die Gelegenheit genutzt, ungestraft ein Spielchen machen zu können. Wenn man dann abends zum Trauerhaus kommt, sitzen sowohl um den Sarg herum wie auch vor dem Haus Spielerrunden und zocken, was das Zeug hält. Falls jemand aus einer wohlhabenden Familie gestorben ist, also auch betuchte Trauergäste zu erwarten sind, reisen die Berufszocker aus der ganzen Gegend an, um die Trauergäste auszunehmen.

Wer gewinnt, wird sein Geld aber nicht für sich behalten, sondern wird zumindest seine Freunde entsprechend bewirten. Auch wenn man z.B. 5.000 Baht für Lose ausgegeben hat, und eines der Lose kommt mit 3.000. Baht Gewinn raus, so hat man eben 3.000 Baht gewonnen und niemand kommt auf die Idee, eine Gewinn-Verlust-Rechnung aufzumachen. Auch wenn bei der Feier mehr als der ganze Gewinn wieder draufgeht: Hauptsache, alle haben Sanuk gehabt, und - für Thais ganz wichtig - der glückliche Gewinner hat etwas für sein "Gesicht" getan, indem er gezeigt hat, dass er ein freigiebiger Mensch ist.

Die Zock-Leidenschaft der Thais ist aber keineswegs nur auf die Männer beschränkt. Schon manche mit einer Thaifrau in Deutschland verheiratete Männer haben erfahren müssen, dass es sich bei der fröhlichen kleinen Thai-Gemeinde, in deren Gesellschaft sich seine Frau so wohlfühlt, um einen ausgesprochenen Zockerverein handelt, dessen Haupttätigkeit darin besteht, die mühsam erarbeiteten Einkünfte der Ehemänner in kürzester Zeit zu verspielen. In diesem Fall kann dann nur die sofortige Notbremse helfen, nämlich das Zudrehen des Geldhahns, so schwer es auch fallen mag.


© 2000, Günther Ruffert

Dieser Beitrag erschien im Original bei www.Thaifrau.org